Leo statt Lufthansa
Ein Berufsleben zwischen Fliegerei und Pflege
Menschen im Leopoldina:
Christina Wolf, Pflegekraft auf Station 22 „Kinderintensiv“
(Text: Bernd Meidel)
Wenn Christina Wolf ihre Schicht auf der Station 22 des Leopoldina-Krankenhauses in Schweinfurt antritt, trägt sie bequeme Arbeitskleidung mit weiten Taschen. Das ist ein bemerkenswerter Kontrast zu ihrem früheren Berufsalltag als Flugbegleiterin bei der Lufthansa. Sie hat einen ungewöhnlichen Berufsweg hinter sich – und einen, der Mut zum Wechsel machen soll. Denn sie ist der lebende Beweis dafür, dass man sich auch jenseits der 30 beruflich neu erfinden kann. „Ich habe meine Ausbildung zur Pflegefachkraft mit 30 abgeschlossen“, erzählt sie. Und sie war damit nicht die Älteste: „Mit mir hat eine 50-Jährige gelernt – das hat mich zusätzlich motiviert.“

Suche nach Sicherheit und Weiterentwicklung
Dabei wusste Christina Wolf schon als Kind genau, dass sie Flugbegleiterin werden wollte. „Das habe ich früher in jedes Poesiealbum geschrieben“, erinnert sie sich lachend. Sie suchte den Duft des Abenteuers, die Idee vom grenzenlosen Reisen, den internationalen Begegnungen. Viele Jahre lebte sie ihren Traum – bis die Corona-Pandemie die Fliegerei stoppte. „Ich hatte nur noch einen Flug pro Monat. Das war zu wenig – beruflich und mental – fast schon ein Lagerkoller. Ich wollte Sicherheit, und ich wollte mich weiterentwickeln.“
Der entscheidende Impuls kam von der Schwester eines Freundes, die selbst in der Pflege arbeitet. Christina Wolf begann, sich zu informieren – und zu hospitieren. Die Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten nach der Ausbildung zur Pflegefachkraft überzeugte sie: Krankenhaus, medizinischer Dienst, Gesundheitsamt – alles ist möglich. Da sie schon immer gut mit Kindern umgehen konnte, fiel die Entscheidung auf die Kinderintensivstation. Seit September 2024 ist sie fest im Team des Leopoldina – und angekommen: „Ich wurde hier herzlich aufgenommen. Jeder hat ein offenes Ohr. Jetzt bin ich Teil eines festen Teams. Das ist im Flugbetrieb ein wenig anders. Dort wird die Crew immer wieder neu zusammengestellt.“
“Man kann jederzeit etwas Neues anfangen!“
(Christina Wolf)
Wo und wie esse ich heute?
Auch im Alltag weiß sie ihren neuen Lebensstil zu schätzen. Keine mehrtägigen Umläufe mehr, kein ständiges Packen, kein Hotelbett. „Jetzt kann ich jeden Abend im eigenen Bett schlafen. Und ich bin nach acht Stunden wieder zuhause – nicht irgendwo auf einem anderen Kontinent mit der Frage: Wo und wie esse ich heute? Außerdem ist die Bezahlung jetzt besser.“
Dennoch: Die Idee, eines Tages doch wieder zu fliegen – vielleicht in einer anderen Funktion – reizt sie. „Medizinisch begleitete Flüge wären tatsächlich eine Symbiose aus meinen beiden Berufswelten.“ Bis dahin genießt sie ihre neuen Möglichkeiten: mit ihrem Partner reist sie privat an jene Orte, die sie früher beruflich angesteuert hat. Ihre Lieblingsziele? „Die USA – wegen der riesigen Supermärkte. Und Japan – wegen der variantenreichen Küche!“
Dass sie einen völlig neuen Weg eingeschlagen hat, bereut sie keine Sekunde. „Es ist so bereichernd, die Komfortzone zu verlassen. Und Vieles aus der Fliegerei hilft mir auch jetzt. Menschenkenntnis, interkulturelle Kommunikation, der Umgang mit Stresssituationen. Das kommt mir im Klinikalltag zugute. Bei der Lufthansa habe ich gelernt, die Ruhe zu bewahren – das kann ich jetzt auf der Kinderintensiv gut gebrauchen. Gerade, wenn es darum geht, besorgte Eltern zu beruhigen.“
Mit diesem Portrait will sie andere ermutigen: „Man kann jederzeit etwas Neues anfangen. Und egal, wie unterschiedlich zwei Berufe sind – man nimmt immer etwas mit.“ Christina Wolf ist das beste Beispiel dafür.
