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Nicht süß, sondern gefährlich!

Kinderdiabetes – immer wieder zu spät erkannt! Warum frühes Handeln bei Kinderdiabetes wichtig ist

(Text: Bernd Meidel)

„Wir können den Diabetes nicht heilen. Aber wir können durch bestmögliche Schulungen und kontinuierliche Betreuung den Familien den Alltag erleichtern. Die Familien sollen lernen, eigenverantwortlich und sicher mit der Erkrankung umzugehen. Dieses Ziel verfolgen wir täglich mit viel Engagement und Herzblut.“

Daniela Rettner, Oberärztin

Diabetes ist die häufigste Stoffwechselerkrankung bei Kindern. Es handelt sich hierbei um eine Autoimmunerkrankung. Die Ursachen hierfür sind noch nicht vollständig bekannt. Neben der genetischen Veranlagung werden äußere Faktoren (z.B. Infekte, Umwelteinflüsse) damit in Verbindung gebracht. Zum Glück lässt sich die Erkrankung jedoch leicht erkennen. Und genau hier liegt die Verantwortung der Eltern und all derer, die täglich mit Kindern umgehen. Daniela Rettner (Oberärztin, Diabetologin DDG – Deutsche Diabetes Gesellschaft e.V.) und Barbara Schmitt (Diabetesberaterin DDG) erläutern die Details.

„Die einfachste Diabeteserkennung ist ein Urintest beim Kinderarzt – ­jederzeit schnell gemacht, sobald sich Symptome zeigen!“, so der Appell von Daniela Rettner. „Oft wird zu lange gewartet, weil die Symptome, z.B. im Rahmen eines vorausgegangenen Infektes, fehlinterpretiert werden. Eine solche Zeitverzögerung kann zu einer Stoffwechselentgleisung führen, die schlimmstenfalls in ein diabetisches Koma mündet.“

Gut aufgehoben stationär und ambulant: Im Kinderdiabeteszentrum am Leopoldina finden betroffene Familien immer einen Ansprechpartner.

Schleichende Symptomatik

Die Anzeichen für einen Diabetes mellitus Typ 1 (s. Warntafeln) zeigen sich nur schleichend, oft erst dann, wenn schon 80% der Insulinpro­duktion fehlt. Bei Diabetes Typ 2 gibt es einen Zusammenhang mit ungesunder Ernährung und Übergewicht. Typ 1 ist dagegen häufig schon bei der Geburt veranlagt. Um diese Veranlagung frühzeitig zu erkennen, können Eltern, die sich diesbezüglich unsicher sind, an der „Fr1da – Typ-1-Diabetes: Früh erkennen – Früh gut ­behandeln“ teilnehmen. „Bei auffälligem Studien­ergebnis findet zeitnah vor Ort eine erste Schulung der Familien statt. Es folgen regelmäßige Kontrolltermine, um den Zeitpunkt für eine Insulintherapie zu erkennen. Ein früher Beginn der ­Begleitung, noch bevor akute Beschwerden auftreten, und eine verständnisvolle, stressfreie Vermittlung der Inhalte sind für die Familien besonders wichtig,“ erklärt Barbara Schmitt. „Denn der Umgang mit Diabetes ist so individuell wie die Betroffenen selbst.“

Naschen erlaubt

Damit die betroffenen Kinder in ihrem Alltag gut zurechtkommen, sind gewisse Verhaltensregeln notwendig. Dabei spielen die geschulten Eltern eine weitaus wichtigere Rolle als das behandelnde Diabetesteam. Das Ziel sollte sein, dass die Kinder trotz Diabetes an allen Aktivitäten des täglichen Lebens teilhaben können. Im Rahmen einer gesunden Ernährung darf dann auch weiterhin in Maßen genascht werden. Apps zur Kohlenhydratberechnung helfen den Eltern und Erziehern. Oberärztin Rettner zitiert die überwiegende Elternmeinung: „Unser Alltag ist jetzt anders, aber wir empfinden es nicht als Beeinträchtigung“.

  • 250 betreute Patienten
  • 4 Diabetologen, 5 Diabetesberaterinnen, 2 Physiotherapeuten, 2 Psychotherapeutinnen, 1 Sozialpädagogin, 1 Diätassistentin
  • einziges zertifiziertes Kinderdiabetesschulungszentrum in Nordbayern
  • eigene Diabetesambulanz
  • 24h-Notfall-Service
  • Schulungsangebote für Kinder, Erzieher, Lehrer, Eltern, Trainer, Bezugspersonen
INSULEO hilft weiter

Das Schulungsbuch „INSULEO“ enthält alles Wissenswerte für die ­Betroffenen zu Themen wie ­Ernährung, Sport, psychosoziale ­Aspekte, Therapieauswahl u.v.m. Auf fast 100 Seiten hat das Diabetesteam zusammengestellt, was im Rahmen der zweiwöchigen Schulung ­vermittelt wird. Nach der Entlassung werden die Familien ambulant bei der ­Kinderdiabetologin Dr. Nellen-­Hellmuth weiterbetreut. Als besonderes Schulungsangebot bietet das Diabeteszentrum zwei Mal im Jahr eine stationäre Schulungswoche an. Hierbei wird eine Gruppe von 10-12-jährigen Kindern für eine Woche stationär aufgenommen. Neben der Wissensvermittlung stehen auch das Kennenlernen anderer Betroffener, sowie die praktische Umsetzung der Schulungsinhalte in Kombination mit Freizeitaktivitäten (z.B. Klettern, Kinobesuch, Minigolf etc.) im Vordergrund. „Natürlich schulen wir im ambulanten Bereich, je nach Lebensphase der Patienten, auch zu Themen wie Schulübertritt, Führerschein, Party, Alkohol, Reisen.“ Es gibt Einzelberatungen, Videosprechstunden und die Möglichkeit, sich bei Problemen jederzeit (24 Stunden Hotline) an das betreuende Diabetesteam zu wenden. „Dies stellt eine große Unterstützung für die Familien dar und gibt ihnen Sicherheit“.

Alleinstellung im Umkreis von 100 km

Das Diabetes-Zentrum darf sich mit Recht als außerordentlich gut bezeichnen. Die weitreichenden stationären und ambulanten Möglichkeiten, die umfassende Nachbetreuung und die Fallzahl von derzeit 250 Patienten (2017: 100 Patienten) führen zu der großen Erfahrung des Teams im Umgang mit der aktuellen Diabetestechnologie. Die frühzeitige Diagnosestellung und Behandlung in einem Diabeteszentrum, sind die wichtigsten Faktoren für den langfristigen Therapieerfolg.

Spielerisch lernen die Kinder den Umgang mit ihrer Erkrankung und auf was sie im Alltag achten müssen.
v.l.: Barbara Schmitt und Daniela Rettner Fotos: André Gibson
Kinder- und Jugenddiabetologie am Leopoldina-Krankenhaus Ansprechpartnerinnen stationäre Behandlung:

Daniela Rettner
Oberärztin, Diabetologin (DDG)

Barbara Schmitt
Diabetesberaterin (DDG)

Telefon: 09721 720-3312

E-Mail: [email protected]
Website: www.leopoldina.de

Hier geht es zur Website der Kinderdiabetologie!

Die Fr1da-Studie befasst sich mit der Früherkennung von Typ-1-Diabetes bei Kindern. Sie untersucht anhand weniger Blutstropfen, ob ein Kind im Frühstadium der Erkrankung ist, um eine optimale Behandlung von Anfang an zu ermöglichen und schwere Stoffwechselentgleisungen zu verhindern. Die Studie wurde auf Bayern, Niedersachsen, Hamburg, Sachsen, Rheinland-Pfalz und Hessen ausgeweitet, und Kinder im Alter von 2 bis 10 Jahren können kostenlos und freiwillig getestet werden.

Kinderdiabeteszentrum
Flyer: Diabetologie

PODCAST

Medizin & Menschen – Folge 27 – “Ein (fast) normales Leben: Typ 1-Diabetes bei Kindern

Dr. med. Nicole Nellen-Hellmuth & Daniela Rettner

Zum Podcast
Kinderdiabetologie